Brennpunkt Unternehmensnachfolge
Frühzeitige Planung und professionelle juristische Begleitung sind das A und O
In vielen mittelständischen Unternehmen ist der Generationenwechsel ein aktuelles und brisantes Thema. Mehr als 50 % der Unternehmer sind 60 Jahre alt und älter – und die meisten von Ihnen (mehr als 70 %) sehen ihre Nachfolge als nicht geklärt an.
Es droht in vielen Fällen die Schließung des Betriebes und damit verbunden nicht nur die Zerstörung von Lebenswerken, sondern auch von wertvollen Arbeitsplätzen. Dies muß nicht sein, wenn man sich rechtzeitig mit dem Thema Unternehmensnachfolge beschäftigt und die richtigen Weichen stellt.
Bei der Unternehmensnachfolge unterscheidet man zwischen der geplanten, der ungeplanten und der unerwarteten. Bei der ersteren wird die Unternehmensnachfolge in der Form geplant, dass rechtzeitig ein Nachfolger gesucht und aufgebaut wird – sei es aus der Familie, aus dem Unternehmen oder von außerhalb – und durch entsprechende Verfügungen (etwa in einem Unternehmertestament) eine klare Nachfolge sichergestellt wird.
Ungeplante Unternehmensnachfolgen entstehen häufig durch Ehescheidungen, Streitigkeiten innerhalb des Gesellschafterkreises oder plötzlichen Entschlüssen des Unternehmers zum Aufhören (gerade erfolgreiche Unternehmer entwickeln nicht selten den Wunsch, schnell aus dem Unternehmen auszusteigen – und haben auch die finanziellen Ressourcen hierzu).
Unerwartete Nachfolgen entstehen regelmäßig durch schwere Krankheiten, Unfälle oder auch – worst case – durch den Tod des Unternehmers. In diesen Situationen muss die Unternehmensnachfolge, soll sie gelingen, kurzfristig erfolgen. Voraussetzung hierfür ist, dass vom Unternehmer für eine entsprechende Notfallplanung gesorgt worden ist.
Das Thema Unternehmensnachfolge darf daher nicht – wie dies in der Praxis aber leider immer wieder geschieht – verdrängt und bis zu einem Zeitpunkt aufgeschoben werden, an dem eine systematische und strategische Planung nicht mehr möglich ist.
Was ist zu tun?
Zunächst sollte jeder Unternehmer – unabhängig vom Alter – einen Notfallplan haben. Vor schwerer Krankheit, Unfällen oder gar einem plötzlichen Tod ist niemand gefeit. Hier gilt es zu vermeiden, ein führungsloses Unternehmen zurückzulassen, was häufig katastrophale Konsequenzen bis hin zur Insolvenz nach sich zieht.
Juristisch gehören zu einem solchen Notfallmanagement
- eine klare Regelung, wer welche Aufgaben zu übernehmen hat, um das Unternehmen entweder allein oder gemeinsam mit anderen Personen vorübergehend zu leiten
- damit verbunden: Vollmachten für die temporäre Unternehmensleitung auch über den Tod des Inhabers hinaus (insbesondere Handlungsvollmachten, Einzelvollmachten, Prokuren und/oder General- und Vorsorgevollmachten)
- eine gesellschaftsrechtliche Überprüfung, ob geplante Interimslösungen im bisherigen Gesellschaftsvertrag – egal ob Personen- oder Kapitalgesellschaft – berücksichtigt sind
- eine Übersicht aller für das Unternehmen relevanten Unterkunden und Verträge im Original (Gesellschaftsverträge, Grundbuchunterlagen, behördliche Erlaubnisse, Bankunterlagen, Mietverträge und Versicherungen) und vieles mehr.
Hilfreich sind unter Umständen natürlich – dies gilt auch für die ungeplante Unternehmensnachfolge – auch eherechtliche Güterstandsregelungen, ein passendes Unternehmertestament und die Kompatibilität gesellschaftsrechtlicher mit erbschaftsrechtlichen Regelungen.
Bei der geplanten Unternehmensnachfolge sind drei Phasen relevant. Zunächst müssen lange vor der Übergabe des Unternehmens an einen Nachfolger grundsätzliche Entscheidungen getroffen werden, insbesondere ob man das Unternehmen im Besitz der Familie belassen (kann) oder an Dritte verkaufen will. Spätestens 3 Jahre vor der eigentlichen Übergabe müssen dann verbindliche Entscheidungen und vorbereitende Maßnahmen getroffen werden. Es ist ein Projektplan für die Übergabe zu entwickeln. Nach der Übergabe ist die Führungsverantwortung Schritt für Schritt abzugeben. Gleichzeitig kann der Nachfolger dann beginnen, das Unternehmen in der gewünschten Weise anzupassen und/oder gegebenenfalls neu auszurichten.
Eine Übertragung des Unternehmens an Dritte wirft dabei regelmäßig ganz andere Fragen auf als eine familieninterne Übertragung.
Stehen bei letzterer Fragen der familieninternen Gleichstellung und Absicherung im Vordergrund, geht es bei Unternehmensverkäufen regelmäßig um handfeste wirtschaftliche Themen. Dabei stellt man in der Praxis fest, dass den meisten Betriebsinhabern zu wenig und/oder falsche Informationen zum Thema Unternehmensbewertung vorliegen. Außerdem wird häufig verkannt, dass für einen Käufer die Finanzierbarkeit des Kaufpreises aus dem Unternehmen von großer Wichtigkeit ist. Auch stellt man fest, dass in vielen Betrieben notwendige Investitionen in Anbetracht des näher rückenden Ausstiegs des Unternehmers nicht mehr oder nicht mehr in ausreichendem Maße durchgeführt wurden. Der Nachfolger muss also nicht nur den Kaufpreis aufbringen, sondern auch noch den Abbau des Investitionsstaus finanzieren. Dies hat häufig erhebliche Auswirkungen auf den Kaufpreis, jedenfalls aber auf den Finanzierungsbedarf des Erwerbers. Schließlich ist es ein Trugbild zu glauben, es gäbe den „idealen Nachfolger“. Es gilt nach einem Unternehmer zu suchen, der in der Lage ist, den Betrieb erfolgreich zu führen und nicht nach einem Ebenbild des Übergebers. Es besteht also in allen Bereichen erb- und wirtschaftsrechtlicher Handlungs- und Beratungsbedarf.
erschienen in: RegioBusiness, Dez. 2017